So kommen wir gemeinsam durch die Coronakrise

10-Punkte-Programm:

Mehr Schutz für Alle und sichere Öffnung der Kindertagesstätten dauerhaft gewährleisten!

Seit über einem Jahr überschattet die Coronakrise alle gesellschaftlichen Bereiche. Auch Kindertagesstätten mit ihren Beschäftigten, den betreuten Kindern und deren Familien sind davon unmittelbar betroffen. Während gerade versucht wird, die Betreuung in den Kindertagesstätten aufrecht zu erhalten, werden Entscheidungen nach wie vor getroffen, ohne die Beschäftigten einzubeziehen. Dabei entsteht weiterhin der Eindruck, Kitas um jeden Preis offen zu halten, unabhängig davon, mit welchen gesundheitlichen Risiken das für die Beschäftigten und ihre Familien verbunden ist. Daran ändert auch nichts, dass den Beschäftigten in Kindertagesstätten ein vorgezogenes Impfangebot gemacht wird – dies erfolgte zu spät und gleichzeitig bei einer ungeregelten Öffnung aller Kindertagesstätten zu Beginn der 3. Welle. Gleichfalls steigen die Infektionen mit der neuen Virusvariante in den Kitas rapide an.

Weiterhin fehlt ein Konzept mit konsequenten, nachvollziehbaren und wirksamen Maßnahmen, um eine Betreuung in den Kitas in den nächsten Monaten zu ermöglichen. Die Kitas sind teilweise voll belegt, Schnelltestmöglichkeiten sind auf zwei Tage/Woche begrenzt, die PCR-Testergebnisse brauchen z.T. zu lange, bei positivem Ergebnis eines Schnelltests ergeben sich keine Konsequenzen für die Kontaktpersonen, Raumluftfiltergeräte gibt es nicht etc. pp. Die allermeisten Kitas sind derzeit nicht mehr in der Lage, Wechselmodelle, Gruppentrennungen bei einer vollen Belegung mit der zur Verfügung stehenden Anzahl von sozialpädagogischen Fachkräften durchzuführen. Eine von vielen Seiten immer noch geforderte umfassende Öffnung wird dazu führen, dass immer mehr Kitas ihre Betreuung einstellen müssen, weil die Virusinfektionen nicht mehr beherrschbar sind oder das Personal ausfällt.

Auch von Seiten der Elternschaft trifft eine ungeregelte Öffnung keinesfalls auf allgemeine Zustimmung, denn besorgte Eltern verzichten unter den derzeitigen Bedingungen auf eine Betreuung; die Öffnung der Kitas für alle Kinder bedeutet damit den Ausschluss bestimmter Familien. Dieser Teil der Elternschaft findet derzeit kein Gehör.

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um den Kitabetrieb weiterhin in einem Umfang aufrechtzuerhalten, der gesellschaftlich und für die Bildung der Kinder wichtig und notwendig ist sowie eine dauerhafte Öffnung ermöglicht:

  1. Alle Beteiligten erkennen die Ernsthaftigkeit der epidemischen Lage an und sind gewillt, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, die eine weitere Ausbreitung der Covid-19-Infektion verhindern. Sozialpädagogische Fachkräfte werden endlich in die Entscheidungsprozesse einbezogen. Die Schaffung eines Beirats Kita ist deshalb dringend erforderlich und löst informelle Beteiligungsprozesse ab.
  2. Klare nachvollziehbare Regelungen entsprechend des Infektionsgeschehens, die transparent kommuniziert werden, um das Verhältnis zwischen Eltern und Erzieher*innen nicht weiter zu belasten.
  3. Übergang in die sog. Regelversorgung erst ab einer Inzidenz in der Region unter 10 je 100.000 Einwohner/Woche („No-Covid-Strategie“).
  4. Praxistaugliche, organisatorische Rahmenbedingungen, die die Kontakte und damit das Risiko einer Ansteckung effektiv reduzieren; diese bedingen bei hohen Inzidenzen (>10/100.000) eine Betreuungsquote von max. 70% aufgrund begrenzter Personalkapazitäten. Hierzu können auch Wechselmodelle, Kleingruppen (max. 10 Personen), strikte Trennung von Gruppen und reduzierte Betreuungszeiten dienen, um so möglichst vielen Kindern einen Zugang zu Bildung und Betreuung zu ermöglichen. Ein Betreuungsangebot für Risikokinder oder Familien mit Angehörigen aus einer Risikogruppe wäre dann vorstellbar.
  5. Personelle/finanzielle Unterstützung für über die pädagogische Tätigkeit hinausgehende (medizinische) Aufgaben und für eine personelle Entlastung zur Umsetzung von Wechselmodellen durch die zeitlich begrenzte Beschäftigung von (pädagogischen) Studierenden oder weiteres geeignetes Personal; die Unterstützung durch Eltern ist nur begrenzt möglich.
  6. Sicherheit steht an erster Stelle:
    • Strikte Orientierung an den Arbeitsschutzregelungen und Empfehlungen der Berufsgenossenschaften.
    • Kinder und Beschäftigte mit Erkältungssymptomen oder Kontakten zu positiv getesteten Personen/Familienmitgliedern bzw. Verdachtsfällen, die im Zusammenhang mit SARS-Cov 2 stehen, können bis zur medizinischen Abklärung (negativer Test) die Gemeinschaftseinrichtungen nicht betreten. Dazu zählen explizit auch unspezifische Erkältungskrankheiten. Diese Regelung wurde nun endlich auch von SenBJF übernommen. Widersprüchliche Aussagen auf der Website SenBJF sind zu entfernen und die Elternbestätigung rechtsverbindliche auszugestalten.
    • Bei Erkrankungen in einer oder mehreren Gruppen sollte eine frühzeitige reaktive Schließung der Einrichtung aufgrund des hohen Ausbreitungspotenzials der neuen SARS-CoV-2 Varianten verordnet werden, um eine weitere Ausbreitung innerhalb der Kita und in die betroffenen Familien zu verhindern.(Vgl. Täglicher Lagebericht des RKI vom 24.3.2021, S. 2) Eine umgehende Testung der gesamten Einrichtung ist sicherzustellen.
    • Nach einer Covid-19-Erkrankung ist ein ärztliches Attest für Kinder notwendig. Mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin wird eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Kapazitäten der Kinderarztpraxen sind derzeit vorhanden. (Ärztezeitung 22.03.2021: Honorar: Pädiater beklagen drastische Corona-Pandemiefolgen)
    • Einheitliche Regelungen zur Quarantäne in den Bezirken und schnelles konsequentes Handeln der Gesundheitsämter; feste Ansprechpartner*innen in den Gesundheitsämtern
  7. Schnelligkeit ist Trumpf: Kinder, Angehörige und Beschäftigte haben umgehend die Möglichkeit sich 24/7 testen zu lassen, um schnell Klarheit zu haben und Kontakte zügig nachzuverfolgen:
    • Zusätzlich zu den bestehenden Angeboten sind auch die Haus- und Kinderärzte sowie ggf. geeignete Fachärzte (HNO-Ärzte) einzubeziehen, um symptomatische und auch symptomfreie Beschäftigte, Kinder und Angehörige über die Kassenärztliche Vereinigung Berlin bei Vorliegen eines Infektionskontaktes zu testen. Hierdurch können die bestehenden Testlücken in Bezug auf Zugang, Wohnortnähe und Schnelligkeit weiter geschlossen werden.
    • Die bestehenden Testangebote – mobile Testteams, 12 Teststellen und Krankenhäuser – sind beizubehalten.
    • Die Kosten für eine Testung werden, falls diese nicht über die GKV als Regelversorgung gelten, vom Land Berlin erstattet.
    • Telefonische Erreichbarkeit 24/7 der Behörden und Unterstützung bei Problemen, z.B. wenn Ärzte/Testmöglichkeiten kurzfristig nicht verfügbar sind.
  8. Schnell-/Selbsttests können eine geeignete ergänzende Maßnahme zur Anwendung in den Kitas sein:
    • Bei Inzidenzen über 100 werden 3 Tests/Woche durch das Land angeboten,
    • Positiv Getestete und deren Kontaktpersonen sollten sich bis zur Abklärung umgehend in Selbstisolation begeben, damit eine weitere Ausbreitung gestoppt werden kann – das Resultat eines PCR-Tests muss am nächsten Tag vorliegen,
    • Verpflichtende Selbsttests für Kinder und Familienangehörige.
  9. Leistungsfähige Raumluftfiltergeräte jetzt: Umgehende Bereitstellung von Raumluftfiltergeräten (H14-HEPA-Filter) durch die Gesundheitsbehörde und die Kita-Träger.
  10. Ausweitung der Unterstützung von Eltern, wenn das Betreuungsangebot vorübergehend eingeschränkt werden muss oder wenn aus Risikoerwägungen eine Betreuung nicht in Anspruch genommen wird.

Dieses Positionspapier haben wir gemeinsam mit einem offenen Brief am 18.04.2021 an Senatorin Scheeres geschickt: